Krankenversicherung in Frankreich

Frankreichs Gesundheitssystem im Überlick

Krankenkassen in Frankreich
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Die Krankenversicherung gehört in Frankreich zu den Pflichtversicherungen. Dies gilt sowohl für Arbeitnehmer wie auch für Selbstständige. Wer eine Arbeitsstelle antritt, wird durch seinen Arbeitgeber automatisch bei der nationalen Krankenversicherung angemeldet. Daneben gibt es noch spezielle Krankenkassen für Selbstständige, Landwirte oder Eisenbahner. Zu beachten sind dabei die recht hohen Selbstbehalte, weshalb viele Franzosen noch eine private Zusatzversicherung abschließen.

Unterschiede der deutschen und französischen Krankenkasse

Ein wichtiger Unterschied zu Deutschland ist das Kostenerstattungsprinzip. Versicherte zahlen die erbrachten Leistungen direkt an den Arzt und erhalten von diesem dann einen Behandlungsschein. Die Kosten werden anschließend im Rahmen der geltenden Höchstsätze erstattet. Eine neue Gesundheitsreform sieht vor, dass die Kostenerstattung ab Mitte 2016 nach und nach bis Ende 2017 auf eine Direktabrechnung zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen umgestellt wird.

Für Deutsche ungewohnt sind die teilweise sehr hohen Selbstbeteiligungen. So werden beispielsweise nur 75 Prozent der Kosten für eine ambulante Behandlung erstattet. Bei Arzneimitteln erhält der Versicherte 70 Prozent von seiner Krankenkasse zurück. Eine private Zusatzversicherung ist deshalb dringend zu empfehlen.



Die Krankenkasse selbst kann in Frankreich nicht frei gewählt werden. Die Anmeldung erfolgt in der jeweils zuständigen Sparte.

Aufbau des französischen Gesundheitssystems

Die Krankenversicherung besteht in Frankreich aus den folgenden vier Sparten:

  • régime général: Krankenversicherung der abhängig Beschäftigten aus den Bereichen Industrie, Handel und dem Dienstleistungsgewerbe. Hier sind rund 80 Prozent der Franzosen versichert. Abgedeckt werden die sich aus Krankheit, Mutterschaft, Arbeitsunfähigkeit und Tod ergebenden finanziellen Risiken. Eine separate Verwaltung leistet zudem bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.
  • Mutualité sociale agricole: Hier sind Landwirte sowie abhängig Beschäftigte in der Landwirtschaft und artverwandten Berufen versichert. Derzeit rund fünf Millionen Mitglieder.
  • Caisse Nationale d’Assurance Maladie des Professions Indépendante: In dieser Sparte sind die verschiedenen Versicherungsträger der freien Berufe zusammengefasst. Insgesamt wird rund 3,5 Millionen Mitgliedern Versicherungsschutz angeboten.
  • Berufsständige Kassen: Für bestimmte Berufsgruppen wie Eisenbahner, Seeleute oder die öffentlichen Versorgungsbetriebe gibt es eigenständige Krankenkassen, bei denen rund 2,5 Millionen Personen versichert sind.

Dazu kommen noch private Krankenversicherungen, die ergänzende Zusatzpolicen anbieten. Rund 95 Prozent der Versicherten greifen auf solche Angebote zurück.

Finanzierung der Krankenversicherung in Frankreich

Wie in Deutschland werden die Leistungen zum großen Teil über Sozialversicherungsabgaben finanziert. Für die Krankenversicherung zahlen Arbeitnehmer 0,75 Prozent des Bruttogehalts. Der Arbeitgeber übernimmt die restlichen 12,80 Prozent.
Aufgrund einer recht hohen Arbeitslosigkeit und dem demografischen Wandel sind die Kassen in den letzten Jahren in eine finanzielle Schieflage geraten. Entstehende Defizite werden mit staatlichen Steuermitteln ausgeglichen.

Seit 1998 sind Arbeitslose sowie Ausländer mit und ohne Arbeitsgenehmigung über die „Couverture Medicale Universelle“ krankenversichert. Diese wird ebenso wie die allgemeine Krankenversicherung teilweise mit Steuern finanziert.

Zwei Kategorien von Ärzten in Frankreich

In Frankreich können Versicherte ihren Arzt frei wählen. Dabei werden die Ärzte in zwei Kategorien eingeteilt. Bei den tariflich gebundenen Ärzte (médecins conventionnés) werden die Behandlungskosten im Rahmen der geltenden Höchstsätze erstattet. Dazu gibt es Privatärzte (médecins non conventionnés), welche ihre Honorare frei festlegen. Bei letzteren wird nur ein geringer Anteil der in Rechnung gestellten Beträge von den Krankenkassen übernommen.



Der Hausarzt nimmt im französischen Gesundheitssystem eine zentrale Rolle ein. Er ist zumeist die erste Anlaufstelle und überweist die Patienten falls erforderlich an einen Facharzt. Für Versicherte hat dies den Vorteil, dass sie nicht in Vorleistung treten müssen. Es muss nur noch der Teil bezahlt werden, welcher von den Krankenkassen nicht übernommen wird.

Welche Kosten werden durch die Krankenkassen erstattet?

Eine 100-prozentige Kostenerstattung gibt es in Frankreich nur in Ausnahmefällen. Die staatlichen Behörden legen fest, welche Beträge von den Krankenkassen übernommen werden. Der Anteil der von den gesetzlichen Versicherungen erstatteten Kosten hängt von der Art der Behandlung ab und unterliegt ständigen Änderungen. In 2016 werden folgende Anteile erstattet:

  • Ambulante Behandlungen, Zahnarztbesuche: 70 Prozent
  • Stationäre Behandlungen im Krankenhaus: 80 Prozent (nach einem Monat 100 Prozent)
  • Laboruntersuchungen: 60 bis 70 Prozent (Aids- und Hepatitis C-Tests werden komplett übernommen)
  • Verschreibungspflichtige Medikamente: 65 Prozent
  • Lebenswichtige und sehr teure Medikamente: 100 Prozent
  • Medikamente mit geringerem Wirkungsgrad und homöopathische Präparate: 35 Prozent
  • Optische Sehhilfen ohne Brillen: 65 Prozent
  • Prothesen und Hilfsmittel für Behinderte: 100 Prozent
  • Kosten für Transport und Unterkunft: 65 Prozent

Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch eine komplette Kostenübernahme durch die Krankenkassen möglich. Dies ist beispielsweise bei Personen mit einem sehr geringen Einkommen der Fall. Zudem werden bei komplizierten Operationen, chronischen Erkrankungen oder bei Mutterschaft ebenfalls 100 Prozent der anfallenden Kosten erstattet.

Staatliche Hilfen bei der Krankenversicherung in Frankreich

Das französische Gesundheitssystem hat das Ziel, jedem Einwohner eine gute Gesundheitsversorgung zu garantieren. Personen mit einem geringen Einkommen haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch spezielle Gesundheitsprogramme. Wer nicht automatisch über ein Krankenversicherungssystem versichert ist, können über die CMU (Couverture Maladie Universelle) eine Krankenversicherung erhalten. Anschließend erhalten sie dieselben Leistungen wie über die anderen Krankenkassen.

Die folgenden Arten von CMU gibt es:

  • Basis-CMU (CMU de base): Bei dieser Variante werden die in Anspruch genommen Leistungen zunächst selbst bezahlt und anschließend ganz oder teilweise erstattet. Bei einem geringen Haushaltseinkommen ist die Versicherung kostenlos. Andernfalls wird eine geringe monatliche Prämie erhoben.
  • Zusätzliche CMU (CMU complémentaire): Für die zusätzliche CMU müssen keine Beiträge gezahlt werden. Medizinische Kosten werden direkt durch die Versicherung bezahlt. Anspruch haben Alleinstehende mit einem Einkommen von weniger als 600 Euro. Bei einem Vierpersonen-Haushalt liegt das maximale Einkommen bei rund 1.200 Euro.

Um in den Genuss einer der beiden CMUs zukommen muss man sich seit mindestens drei Monaten ununterbrochen in Frankreich aufhalten. Der Antrag hierfür kann bei der staatlichen Krankenversicherungsorganisation (Caisse d’Assurance Maladie), dem lokalen Rathaus oder einem sozialen Dienst beantragt werden. Wer anerkannt wird, erhält einen CMU-Nachweis, mit dem medizinische Leistungen zu den gleichen Konditionen wie unter dem normalen Sozialversicherungssystem in Anspruch genommen werden können.

Private Krankenversicherung in Frankreich abschließen

Aufgrund der hohen Eigenanteile ist der Abschluss einer privaten Krankenversicherung sehr zu empfehlen. Aufgrund der hohen Nachfrage gibt es eine breite Palette von Angeboten. Kunden können dabei wählen, ob sie den kompletten Bereich oder nur einzelne Sparten absichern möchte.

Eine private Zusatzversicherung bietet die folgenden Leistungen:

  • Übernahme der Selbstbehalte für ambulante und stationäre Behandlungen
  • Zuschüsse für Zahnersatz, Brillen und andere Sehhilfen
  • Weitere Behandlungsmethoden wie Osteopathie, Akupunktur und Chiropraktik

Alternativ werden auch einzelne Policen für Zahnersatz oder stationäre Aufenthalte im Krankenhaus angeboten. Letztere ermöglich unter anderem die Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer. Zudem ist in der Regel noch ein individuell vereinbartes Tagegeld enthalten.

Zusatzversicherung über den Arbeitgeber

Zum 01. Januar 2016 wurde in Frankreich eine obligatorische betriebliche Krankenversicherung eingeführt. Dadurch sind Arbeitgeber nun verpflichtet, ihren Mitarbeitern eine betriebliche Krankenversicherung anzubieten. Die Beiträge müssen zu mindestens 50 Prozent vom Arbeitgeber übernommen werden.
Einige Unternehmen übernehmen auch den kompletten Beitrag.



Wer bereits vor Januar 2016 im Unternehmen angestellt war, kann nicht zum Abschluss der Versicherung gezwungen werden. Neue Mitarbeiter werden mit Ausnahme der folgenden Fälle automatisch versichert:
  • Der Arbeitsvertrag ist auf maximal 12 Monate befristet.
  • Es handelt sich um einen befristeten Arbeitsvertrag von mehr als 12 Monaten und der Mitarbeiter besitzt bereits eine private Zusatzversicherung.
  • Es handelt sich um ein Ausbildungsverhältnis bzw. eine Teilzeitstelle und der Eigenanteil zur betrieblichen Krankenversicherung überschreitet 10 Prozent des Bruttoeinkommens.
  • Der Mitarbeiter erhält staatliche Beihilfen.
  • Es besteht bereits eine private Zusatzversicherung. Die Anmeldung erfolgt dann erst, wenn diese ausläuft.
  • Es besteht bereits über den Ehepartner Anspruch auf eine betriebliche Krankenversicherung.

Von der betrieblichen Krankenversicherung können auch ausländische Arbeitnehmer profitieren. Die Anmeldung erfolgt mit Start der Betriebszugehörigkeit automatisch.

Krankenversicherung für Auswanderer nach Frankreich

Krankenversicherungen Frankreich
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Ausländer werden in den ersten drei Monaten automatisch über die staatliche Krankenkasse versichert. Nach Ablauf dieser Frist ist eine eigenständige Versicherung nur bei einer Arbeitsleistung von mindestens 60 Stunden pro Monat möglich. Wer diese Stundenzahl nicht erreicht, muss über den Partner oder andere nahestehende Personen mitversichert werden.

Wer angestellt ist, wird durch seinen Arbeitgeber automatisch bei der Krankenversicherung angemeldet. Anschließend erhalten Auswanderer eine Sozialversicherungsnummer, welche für viele Bereiche in Frankreich benötigt wird. Nach der Anmeldung erhalten Versicherte innerhalb von wenigen Wochen einen Antrag auf Ausstellung der „Carte Vital“. Dieser wird einfach ausgefüllt und unterschrieben zurückgesendet. Über die Karte können Leistungen künftig direkt mit der Krankenkasse abgerechnet werden. Bis zum Erhalt müssen Versicherte die Rechnungen noch an den Arzt bezahlen und später zur Erstattung einreichen.

Besonderheiten bei Entsendung durch den Arbeitgeber

Wer im Rahmen eines in Deutschland bestehenden Arbeitsverhältnisses von seinem Arbeitgeber nach Frankreich entsendet wird, kann wie bisher in Deutschland versichert bleiben. Dies gilt für alle Entsendungen, die bereits im Voraus auf einen maximalen Zeitraum von 24 Monaten befristet sind. Zudem darf der betreffende Arbeitnehmer nicht entsandt werden, um jemanden zu ersetzen, dessen Entsendung abgelaufen ist.

Die gesetzliche Krankenkasse in Deutschland stellt in diesem Fall eine „Entsendebescheinigung A1“ aus, welcher anschließend bei den französischen Behörden vorgelegt wird. Sofern keine gesetzliche Krankenversicherung besteht, wird die Bescheinigung vom Rentenversicherungsträger ausgestellt.

Frankreich: Krankenkasse für Grenzgänger

Grenzgänger die in Deutschland wohnen und in Frankreich arbeiten werden automatisch bei der gesetzlichen Krankenversicherung in Frankreich angemeldet. Für eine Behandlung im Nachbarland geltend dabei dieselben Leistungen wie bei Einheimischen. Zudem haben Grenzgänger auch die Möglichkeit sich in Deutschland behandeln zu lassen. Dabei werden jedoch nur die in Frankreich geltenden Leistungen erstattet. Anders als die Schweiz bietet Frankreich Grenzgängern keine gesonderte Krankenversicherung für Grenzgänger an. Wer dort arbeitet, muss sich gesetzlich versichern und kann diesen Schutz durch eine private Zusatzversicherung ergänzen.